Der Nationalrat ist heute mit 91:89 Stimmen auf die 60/40 Geschäftsmiete-Vorlage eingetreten. Das Geschäft geht nun zurück an die Rechtskommission, welche den Gesetzesentwurf im Detail beraten muss.
Versprechen des Parlaments und Hürdenlauf
Zehntausende Geschäftsmieter mussten in der ersten Corona-Welle schliessen. Leeres Geschäft, aber volle Miete. National- und Ständerat entschieden mit einer knappen Mehrheit im Sommer Hilfeleistung – mit einem teilweisen Mieterlass von 60 % im sogenannten Covid-19-Geschäftsmietegesetz. Bundesrat Parmelin stemmte sich gegen das Gesetz, wurde aber zur Ausarbeitung der Gesetzesvorlage verknurrt.
Die Mehrheit der Rechtskommission lehnte den Entwurf im Herbst ab. Ausschlaggebend war ein Gutachter, der seine Interessenbindung zum Hauseigentümerverband Stadt Zürich nicht offenlegte.
40 statt 100 Prozent zahlen
Das Gesetz sieht vor, dass Geschäftsmieter, die im Frühjahr von einer Schliessung oder starken Einschränkung betroffen waren, während des Lockdown 40 Prozent des Mietzinses bezahlen müssen. Der Vermieter muss auf 60 Prozent verzichten. Der teilweise Mieterlass gilt, wenn der Monatsnettomietzins maximal 20'000 Franken beträgt. Vom Gesetz ausgenommen sind Fälle, bei denen sich die Vertragsparteien einigen konnten oder ein rechtskräftiger Gerichtsentscheid vorliegt. Bei einem Mietzins zwischen 15'000 und 20'000 Franken sollen beide Parteien mit einer einseitigen schriftlichen Mitteilung auf die Anwendung des Gesetzes verzichten können.
Zitterpartie im Nationalrat
Heute hat der Nationalrat über Eintreten oder Nichteintreten zur Gesetzesvorlage beraten und ist sehr knapp mit 91 gegen 89 Stimmen bei vier Enthaltungen auf die 60/40 Lösung eingetreten. SVP und FDP waren gegen die Vorlage. Das Zünglein an der Waage spielte die gespaltene CVP –Mittefraktion, die einige wenige Ja-Stimmen mehr abgab als Nein-Stimmen. Zusammen mit den Stimmen der geschlossenen SP und Grüne sowie der Mehrheit der GLP ergab sich das knappe Ja.
Pro und Contra
Die Befürworter wiesen auf die Verschärfung der Krise hin, die eine Lösung dringender denn je mache. 2/3 der Geschäftsmieter hat noch keine Lösung mit dem Vermieter. Eine faire Teilung der Mietlast ist im Interesse aller. Es braucht eine Bundeslösung, weil die Geschäfte vom Bund geschlossen worden sind. Es stehen hunderttausende Stellen auf dem Spiel. Vermieter müssen auf 1.6 % Ertrag zu verzichten, was angesichts der existentiellen Bedrohung vieler kleinerer und mittlerer Betriebe zumutbar ist. Laut den Gegnern besteht kein Bedarf für das Gesetz und viele Fälle seien schon gelöst worden. Der Mieterlass sei nicht verhältnismässig und nicht verfassungskonform (diese Einwände sind vom eidgenössischen Justizdepartement und vom Staatsrechtler Prof. Uhlmann widerlegt worden).
Nächste Etappe - Rechtskommission berät Details
Das Geschäft geht nun zurück an die Nationalratskommission, welche die Vorlage im Detail beraten muss. In der Wintersession (30.11-18.12) gelangt das Geschäftsmietegesetz erneut an die grosse Kammer. In trockenen Tüchern ist es längst noch nicht. Eine Ablehnung in der Gesamtabstimmung ist unter Berücksichtigung der Knappheit des Eintretensvotums nicht ausgeschlossen.
Und auch im Ständerat wird der das Geschäftsmietegesetz kontrovers diskutiert werden. SVP und FDP, welche die Vorlage auch dort ablehnen dürften, müssen rund einen Drittel der CVP-National- und -Ständeräte von einem Nein überzeugen, um eine Mehrheit zu haben.
Frühestens Ende 2020, vielleicht erst im 2021, kann mit der Schlussabstimmung gerechnet werden. Die Referendumsdrohung sprach die Immobilienbranche bereits aus. Es wird ein anspruchsvoller Marathon.
Tipps:
- Weiterhin Lösungen mit dem Vermieter anstreben.
- Abmachungen mit dem Vermieter zeitlich definieren, z.B.: Lockdown 17.3 – 11.5.2020.
- Bei weniger als 60 % Herabsetzung in der Abmachung vereinbaren, dass eine für den Mieter vorteilhaftere zukünftige gesetzliche Verteilung an die Stelle tritt, diese also vorgeht.
- Kein Verzicht auf Mietherabsetzung für die Zukunft.